Zur Geschichte unseres Kirchenchors

Die Geschichte unseres Kirchenchores beginnt mit einer „Notsituation“, die wir heute, über 120 Jahre später, eher als eine „Reichtums-Situation“ bezeichnen würden: Die ständig mehr werdenden Katholiken des gegen 1900 schnell wachsenden Stadtteils Riehl mussten einen zu langen Kirchweg nach Nippes zur nächsten katholischen Pfarrkirche St. Marien auf sich nehmen – eine eigene Kirche tat Not! So entstand durch die Schenkung eines Grundstücks an der Stammheimer Str./ Ecke Pionierstraße 1897 die „Filialkirche zum Hl. Engelbert“. Der bereits ortsansässige Riehler Männerchor übernahm die Mitgestaltung der kirchlichen Feste, warb jedoch für einen eigenen Kirchenchor, der tatsächlich 1901 als Kirchenchor „Cäcilia“ gegründet wurde. Unter seinem ersten Leiter, Lehrer Herrmanns, wurden die Proben aufgenommen. Geeignete Knabenstimmen kamen hinzu und es entwickelte sich eine leistungsfähige Gemeinschaft von Sängern, die neben dem Choral- und mehrstimmigem Gesang auch Weltliches aufführte. Dieser „gemischte“ Charakter blieb lange Zeit typisch für den in Pfarre und Stadtteil verwurzelten Kirchenchor, den auch der erste Weltkrieg nicht zerstörte. 

 

Zum 25. Gründungsjubiläum des Chors 1926 erhält dieser eine wunderschön gestickte „Cäcilia“-Fahne und ein Jahr später, zum 25. Priesterjubiläum des Pastors Wirtz, wirkte endlich auch ein kleiner Damenchor mit, der die Knabenstimmen ersetzte. 

 

Als im Juni 1932 die neue große Pfarrkirche „St. Engelbert“ - errichtet nach den Plänen des berühmten Architekten Dominikus Böhm - eingeweiht wurde, übernahm die Leitung des Chores der damalige Organist Heinrich Ohrem, der den Chor 30 Jahre lang über den zweiten Weltkrieg hinweg leitete. Mit neuen Sängerinnen und Sängern schloss er die vom Krieg gerissenen Lücken, und auch die Idee der Gestaltung von Karnevalsveranstaltungen wurde wieder aktiv aufgegriffen. So gelangen hochwertig und feierlich gestaltete Kirchenfeste, z.B. Palestrina-Messen sowie die Feier der 50jährigen Chorgründung im Jahre 1951 trotz der schweren Erkrankung Ohrems, an der er 1962 starb. In diesem Jahr stellte der Cäcilienverband denn auch die Satzung um im Sinne einer gleichberechtigten Teilnahme von Männer(stimmen) und Frauen(stimmen) – unvorstellbar für heutige Selbstverständlichkeiten.

 

Vielen der heutigen Chormitglieder ist Ohrems Nachfolger, der Kantor Hansjakob Grewelding, noch persönlich bekannt, der aufgrund seiner hohen Musikalität den Kirchenchor als homogenen Klangkörper formte und immer wieder neue, auch eigene Kompositionen einstudierte. Ein reiches Chorleben mit Jahresausflügen, Stiftungsfesten, Karnevals- und Namenstagsfeiern und auch durch den Chor beeinflusste Freizeitgestaltung schmiedete enge freundschaftliche Bande. Auch die Pfarrsitzung wurde wieder vom Kirchenchor mit einem hinreißenden Ostermann-Potpourri Greweldings bereichert. 1963 wurde Händels „Johannes-Passion“ aufgeführt, später die „Missa Brevis“ von Mozart neu einstudiert; zahlreiche Konzerte und die Aufnahme von zwei Langspielplatten zogen gar die Aufmerksamkeit des Rundfunks auf sich, der das Weihnachtshochamt aus der Pfarre „St. Engelbert“ in den Jahren 1970 und 1973 übertrug. 

 

Schleichend nach dem 75jährigen Bestehen 1976 ging jedoch die Zeit des pfarrlichen Kirchenchor-Reichtums langsam zu Ende. Die Bereitschaft, Gottesdienste regelmäßig singend zu begleiten und bei regelmäßigen Chorproben anwesend zu sein, ging angesichts zunehmender anderer Freizeitaktivitäten spürbar zurück, die Kulturrevolution von 1968 wirkte nach. Die Zahl männlicher Sänger ging in fast allen kirchlichen Chören deutlich zurück, junge Stimmen wurden rarer. Dennoch gelang in den 1980er und 1990er Jahren weiterhin eine abwechslungsreiche Sing-Tätigkeit unter Hansjakob Grewelding, jetzt auch in Zusammenarbeit mit anderen Chören, wie z.B. dem von St. Barbara in Neu-Ehrenfeld. Als „Chorgemeinschaft St. Engelbert und St Hildegard“, wie sich der Chor seit der Zusammenlegung mit der Pfarre St. Hildegard 1982 nannte, bestritt er mit nun 41 bis 46 Mitgliedern das Dekanats-Singen mit anderen Chören, nahm teil am Palästrina-Zyklus der romanischen Kirchen im Sommer 1984 und hatte weiterhin Erfolg mit jährlichen Konzerten. Pfingsten 1998 wurde Grewelding dankbar und wehmütig in den Ruhestand verabschiedet.

  

 

Und wieder hatten wir Glück: Mit dem jungen dynamischen neuen Kantor Wolfgang Siegenbrink begann für den Kirchenchor im Herbst 1998 ein neues Kapitel in einer Zeit, in der die zunehmende Digitalisierung und attraktive individuelle Freizeitgestaltung das Interesse am Kirchenchorsingen und verlässlichen Auftritten weiterhin schwieriger machte. Die zwangsläufige Überalterung des vorhandenen Chorstammes kam hinzu. Sehr schnell initiierte Siegenbrink den Wiederaufbau eines Kinder- und Jugendchores und führte die Tradition der jährlichen Konzerte auch unter ihrer Mitwirkung auf hohem musikalischem Niveau fort.

 

Sein 100jähriges Bestehen feierte der Chor, der mittlerweile nur noch aus 20 Sängerinnen und acht Sängern besteht, in Form von acht Konzerten, die über das Jahr verteilt aufgeführt wurden, ergänzt durch die Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor St. Peter, dem Rheinischen Kammerchor und dem Kirchenchor St. Bonifatius. So erklangen u.a. im März 2021 Händels „Johannespassion“ und im Mai Mozarts „Krönungsmesse“. Siegenbrinks Feststellung von 2001 „Wir wollen gute, anspruchsvolle Musik machen. Aber für viele ist es nicht attraktiv, sonntags in der Messe zu singen und wöchentlich zu proben.“ folgte in den Jahren danach der Versuch, den Kirchenchor St. Bonifatius mit dem von St. Engelbert/St. Hildegard zusammenzuführen, zumal auch diese drei Pfarren bereits länger unter Pfarrer Helmut Strobel als neue Pfarreinheit geführt wurden. Nach manchem misslungenen Ansatz, da auch dort eine lange Chortradition zu Ende ging, gelang dies am 25. Februar 2004 und mit Uta Gemünd begleitete für die nächsten zwölf Jahre eine engagierte Vorsitzende den Chorleiter. Der neugegründete „Kirchen- und Projektchor St. Engelbert/St. Hildegard und St. Bonifatius“ spiegelte bereits in seinem sperrigen Namen zeittypische Schwierigkeiten, wie die der Zusammenlegung mehrerer Pfarreien sowie nachlassendes Interesse an verlässlichem Chorsingen, wider. Es dauerte nicht lange, bis man sich anstelle der drei Heiligen-Namen einfach den Chornamen „Seelsorgebereich An der Flora“ gab.

 

Dank unermüdlicher hochqualifizierter Probenarbeit und mitreißender Orgel- und Chorkonzerte wuchsen dem Chor unter Siegenbrink neue und jüngere Kräfte zu. 2007 gelang die Einstudierung des „Messias“ und dessen Aufführung als Singgemeinschaft in der Waldorfschule St. Augustin, die großes Echo hervorrief. Ein gutes Dutzend junger Leute, zwischen 20 und 30 Jahre alt, standen nun in der ersten Reihe und verjüngten zusammen mit weiteren Neuzugängen zwischen 40 und 50 Jahren den Chor enorm.  Am 23. November 2008 erfüllte sich mit einer großartigen Orgelweihe der schon von Grewelding geträumte Wunsch von der Restaurierung der Walcker-Orgel in St. Engelbert, vorangetrieben durch den engagierten Einsatz und dem fachkundigen Konzept Siegenbrinks mit der Firma Klais aus Bonn – eine große Bereicherung unserer Kirchenmusik im Seelsorgebereich. Umso strahlender gelangen nun das „Fauré-Requiem“ im November 2010, zahlreiche Passionskonzerte, regelmäßiges Weihnachtssingen und Weihnachtskonzerte, unter denen die „Krönungsmesse“ 2015 und die ersten drei Teile des Bach’schen „Weihnachtsoratoriums“  2016 herausragende Aufführungen darstellten, gefolgt von einem weiteren „Messias“-Konzert 2017. 

 

Der tragische frühe Tod der beliebten Vorsitzenden Uta Gemünd nur wenige Monate nach dem Tod einer weiteren Mitsängerin aus dem Sopran führte 2018 zu bitteren Verlusten in der Chorgemeinschaft. Und die Zukunft wurde noch härter: Nach dem Chorkonzert im November 2019 zu „100 Jahre Erster Weltkrieg“ mit beeindruckend schönen Werken aus Requien von Mozart, Verdi, Fauré und Britten nahm der Chor die großartige „Matthäus-Passion“ von Bach in 2019 in Angriff, die in einer Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Kammerchor in der Fastenzeit 2020 aufgeführt werden sollte. Der Ausbruch der Corona-Pandemie setzte der erfolgreichen Einstudierung im Februar 2020 kurz vor der Generalprobe jedoch ein jähes und verstörendes Ende, und es begann das, was für einen Chor das Schlimmste ist: Der Schweigebefehl und das Versammlungsverbot traten in Kraft. Ausschließlich die tröstende Orgelmusik unseres virtuosen Chorleiters durfte erklingen, und es wurde für uns alle eine lange, harte Zeit, besonders, da die Aufführung der Passion ein weiteres Mal verschoben werden musste. 

 

Aktuell sieht es nun aus: Zur Zeit der langsam wieder zurückkehrenden Kulturveranstaltungen durften wir im vergangenen Jahr wieder singen und  -  haben überlebt. Ja, es gibt ihn noch, den alten Kirchenchor „Cäcilia“, den modernisierten „Kirchen- und Projektchor An der Flora “ - allein die Problematik bleibt: Viele der jungen Leute von vor fünf oder zehn Jahren haben sich beruflich und örtlich verändert, sind nicht mehr dabei. Unsicherheiten im Umgang mit Impfungen, Abstand und Maske und individuelle Präferenzen hatten nicht gerade die Beteiligung an den Proben gefördert. So stellt sich generell die Frage nach der Bedeutung von pfarrgebundenen Kirchenchören in unserer Zeit, die die Pandemie auch nicht alle überlebt haben.  „s.d.g -  soli deo gloria“  - „Gott allein zur Ehre“, so unterschrieb Sebastian Bach viele seiner Werke. Ist das nicht im Kern auch unser Ursprung respektive Ziel in Gottesdienst und Konzert? Die Unmittelbarkeit des musikalischen Erlebnisses bewirkt oft mehr als Worte, wühlt auf, tröstet, vollzieht tiefe Empfindungen nach, die als vielfältiges Glaubensbekenntnis der kirchlichen Musik innewohnen – für die Singenden und Zuhörenden gleichermaßen ein Hinweis auf die befreiende Gnade Gottes. Diese Erfahrung zu verlieren, bedeutet eine echte Einbuße an geistiger und religiöser Freiheit. In diesem Sinne hat uns auch die 2022 gelungene Aufführung der „Matthäus-Passion“ im Rahmen unseres immerhin 120jährigen Bestehens angefeuert, wieder die Unterstützung zusätzlicher Stimmen zu suchen. Klein genug fiel sie aus, die Jubiläumsfeier angesichts der postcovidalen Gesamtsituation, und dennoch stellt sich ein hoffnungsvolles Gefühl für die Zukunft ein. 

 

Beate Nielen, Vorsitzende 2018 – 2022

im Sommer 2023

 

Der Kirchenchor probt aktuell jeden Mittwoch von 19.30 bis 21.30 Uhr im Pfarrsall St. Engelbert. Interessierte sind herzlich willkommen!

 

Ihr Kontakt zu uns


Pastoralbüro St Engelbert
Telefon: 0221 764121 (Mo.-Fr. 9-12 h)
Telefax: 0221 761552
E-Mail: st-engelbert-riehl@erzbistum-koeln.de

Pfarrbüro St Bonifatius 
Telefon: 0221 766700
E-Mail: st-bonifatius-nippes@erzbistum-koeln.de

Pfarrsekretärin:
Hildegard Hoffmann-Vatter:
hildegard.hoffmann-vatter@erzbistum-koeln.de
Pfarrsekretär:
Holger Hoeck:
holger.hoeck@erzbistum-koeln.de

Küster unserer Gemeinde:

N.N.

Alle weiteren Informationen und die Öffnungszeiten finden sie hier.

Öffnungszeiten
St. Engelbert
Dienstag 10:00 bis 12:00 Uhr
Freitag    10:00 bis 12:00 Uhr

St. Bonifatius
Donnerstag 10:00 bis 12:00 Uhr
        



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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